Bundespolitik

“Zensursula” ist Geschichte: Bundestag nimmt Netzsperren-Gesetz zurück

Wir begrüßen das Einlenken der Bundesregierung die Pläne für zensurähnliche Internetsperren, die im Zuge der Bekämpfung kinderpornografischer Inhalte im Netz eingeführt werden sollten, wieder zu verwerfen.
Das so genannte Zugangserschwerungsgesetz (ZugErschwG) wurde am 18. Juni 2009 mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD beschlossen und trat am 23. Februar 2010 in Kraft, wurde aber de facto nie angewendet. Am 1. Dezember 2011 wurde es wieder aufgehoben.

Das Gesetz sollte den Zugang zu bedenklichen Inhalten im Internet erschweren, diese jedoch nicht vollständig entfernen. Benutzer, die fragliche Inhalte aufrufen wollten, sollten lediglich einen Hinweis bekommen. Dieser wurde in den Medien oft als stilisiertes Stoppschild dargestellt. Innerhalb weniger Sekunden kann diese “Zensur” jedoch umgangen werden. Verbotene Dateien, wie beispielsweise kinderpornografische Bilder, wären also weiterhin für jeden ersichtlich gewesen. Zu den starken Verfechtern dieses Gesetzes gehörten unter Anderem die Namensgeberin von “Zensursula”, Ursula von der Leyen (CDU) sowie der Präsident des deutschen Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke.

In der Bevölkerung gab es großen Widerstand gegen das Zugangserschwerungsgesetz. Die Piratenpartei kritisierte unter anderem die unverhältnismäßige Errichtung einer Zensurinfrastruktur. Eine von Franziska Heine gestartete Petition an den deutschen Bundestag gegen Internetsperren wurde von über 130.000 Bürgern unterzeichnet. Einige Provider, wie zum Beispiel Manitu, blockierten das Zugangserschwerungsgesetz und kündigten an, vor dem Bundesverfassungsgericht unter Berufung auf Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes dagegen klagen zu wollen. Selbst Missbrauchsopfer wendeten sich gegen das Gesetz und gründeten MOGIS e.V. (MissbrauchsOpfer Gegen InternetSperren), sie sahen sich für eine wirkungslose Kampagne instrumentalisiert, die den Missbrauch nur ignorieren sollte.

Wir freuen uns und danken allen, die zur Aufhebung des Gesetzes beigetragen haben. Unter anderem sind dies Franziska Heine, der Arbeitskreis gegen Internet-Sperren und Zensur (AK Zensur), MOGIS e.V. sowie den 134.015 Petitionsunterzeichner. Es gilt aber, weiter wachsam zu bleiben, denn im Europaparlament ist das Thema Internetsperren leider noch nicht vom Tisch.